In einer schwierigen Lage der Baukonjunktur ist es für Architekten sinnvoll, sich zu spezialisieren, neue Tätigkeitsbereiche für die Architektur zu schaffen und sich in einem Spezialbereich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Ein solcher neuer Architekturbereich ist die Architekturpsychologie. So weit ich sehe, ist dieser Bereich in Deutschland so viel wie unbekannt. Und auch die Architekten selbst, ja vielleicht auch diejenigen, welche sich mit Fassetten der Architekturpsychologie beschäftigen, könnten noch voneinander viel lernen und so den neuen Tätigkeitsbereich fundierter präsentieren.
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Diese Fremdsprache kann wie jede andere Fremdsprache erlernt werden. Die Psychologie sagt, dass 90% der Kommunikation nonverbal, also ohne Worte,stattfindet. Gesten, Rituale, Stimmlage, Musik, Bilder und nicht zuletzt Architektur sind solche nonverbalen Medien. Wenn ein Herrscher vor seiner Residenz ein Denkmal aufstellen lässt, wenn er eine Prachtstraße baut, wenn er Militärparaden abhält, wenn er einen herrschaftlichen Regierungssitz errichtet, dann sind da für jeden verständliche Botschaften enthalten. Das gleiche gilt für Hochhäuser der Wirtschaft. Diese Symbolsprache verstehen fast alle Menschen, denn mit der Gestik der Macht sind wir alle von Kindheit an vertraut. Diese Sprache der Macht haben wir also erlernt, aber sie stellt nur einen Bruchteil der nonverbalen Botschaften dar, die unter uns ausgetauscht werden. Die feineren und tieferen Botschaften werden von und über Bauch und Herz zwar auch irgendwie aufgenommen. Aber sie bleiben im Unterbewussten. Wir reagieren vielleicht mit einem unguten Gefühl im Bauch oder mit Beengung, aber wir können die Botschaft nicht in das Bewusstsein heben. Manchmal fühlen wir uns in einer Situation wohl manchmal ausgesprochen unwohl, manchen finden wir schön, anderes stößt uns ab.
Das heißt, wir nehmen laufend die nonverbalen Botschaften um uns herum auf, aber wir können sie nicht rational ausdrücken. Nach jahrhunderte langer Vorherrschaft des rationalen Denkens wagen wir kaum, unsere intuitive Wahrnehmung öffentlich zur Sprache zu bringen. Besonders im Berufsleben verdrängen wir die Empfindungen, da sie den rationalen Standards widersprechen. Dies kann für uns mehrere negative Auswirkungen haben.
Die ständige Spaltung zwischen dem Wissen in unserem Unterbewusstsein und dem vernünftigen Denken kann zu dem führen, was man Bewusstseinsspaltung nennt. Das führt über kurz oder lang zu psychischen und körperlichen Krankheiten. Andererseits verzichten wir auf ein wesentliches Gestaltungsmittel. Denn wenn wir die Sprache der nonverbalen Botschaften kennen würden, könnten wir sie bei unseren eigenen Zielen und Planungen einsetzen.
Wenn es stimmt, dass 90% der Nachrichten nonverbaler Natur sind, dann wären wir doch wirklich unvernünftig, wenn wir diese 90% der Mitteilungsmöglichkeiten für uns nicht sinnvoll nutzen würden. Natürlich wird solches Wissen auch negativ verwendet. Demagogen und Betrüger beherrschen die nonverbale Sprache oft recht gut. Mir geht es darum, die unterbewussten Botschaften für sinnvolle Ziele einzusetzen. Dies können persönlichen Leitbilder sein oder sie können sich auf gesellschaftliche Entwicklungen beziehen. Macht ist ja nicht verwerflich, wenn sie positiv eingesetzt wird. Die Kommunikation zwischen denen, welche die gesellschaftliche Zukunft steuern und dem Volk, könnte viel fruchtbarer werden, wenn wir bewusst und transparent die Möglichkeiten der nonverbalen Mitteilungen ausschöpfen würden
Dazu bietet die gesamte Lebensraumgestaltung ein weites Feld. Die Sprache des Unterbewussten wurde von Psychologen über Träume, Mythen, Märchen etc erforscht. Hier wurden Archetypen herausgearbeitet. Das ist der Ansatz um die nonverbale Sprache in eine Sprechsprache zu übersetzen. Nun gibt es die Archetypen nicht nur in Traum und Mythen sondern auch in Ritualen und allen sonstigen Gestaltausformungen der Kultur. Mich interessieren dabei besonders die Archetypen der Lebensraumgestalt. Denn der Lebensraum ist das einzigen Medium, das uns 24 Std. pro Tag umgibt und uns damit auch mehr und länger als alle anderen Medien anspricht. Wie eng Architektur und Archetypus zusammenhängen, sagt schon der gleiche Wortstamm „arch“
Wenn wir die tiefen psychologische Bedeutung der Lebensraumgestalt entziffern, wenn wir aus der Fremdsprache eine beherrschte Sprache machen, dann können wir dieses Wissen für eine Kommunikation auf einer effektiveren Ebene als heute einsetzen. Wenn wir aber diese Sprache der Architektur nicht verstehen und dennoch Häuser und Siedlungen bauen, dann sind wir Dilletanten. Natürlich gibt es unter Bauherrn und Architekten auch psychologische Naturtalente. Aber die Masse dessen, was wir heute an Gebautem vorfinden, lässt eher den Schluss zu, dass die Mehrzahl der im Baugeschehen Tätigen in dieser Hinsicht nicht aus Profis besteht.
Neue Architekturbereiche stellen häufig eine Kombination mit anderen Fachbereichen dar. Der folgende Text dient deshalb nicht nur der Vernetzung von Architekten, die sich mit Architekturpsychologie befassen sondern auch der Kooperation mit Psychologen und anderen Fachleuten wie z.B. Designern, die in dem Bereich Architekturpsychologie eine Rolle spielen können.
Sowohl in der Architektur als auch in der Psychologie gibt es sehr unterschiedliche Ansätze und Aufgabenstellungen. Deshalb möchte ich hier einige architekturpsychologische Ansätze beschreiben und Andeutungen über meine persönliche Beziehung dazu machen. Dabei soll darauf hingewiesen werden, dass eine exakte Einteilung nicht möglich ist, denn die verschiedenen Ansätze verflechten sich ineinander.
Mit diesen 4 architekturpsychologischen Bereichen möchte ich es einmal bewenden lassen. Da sich die Ansätze teilweise voneinander nicht exakt trennen lassen, ist es sinnvoll, dass jeder, der sich mit Architekturpsychologie beschäftigt, sich in das Denken aller Bereiche einlässt. Ich würde gerne mit Kollegen oder auch Partnern anderer Diszipline kommunizieren mit dem Ziel, nicht nur ein Netz des Meinungsaustausches zu bilden, sondern auch durch gemeinsames Auftreten bei interessierten Bauherrn und der Fachpresse besser gehört zu werden.